Ausschluss eines Schülers
Rechtsgrundlage: §§ 13 Abs. 3 Z. 2, 49, 50, 57 Abs. 5, 58 Abs. 2 Z. 2, 61 Abs. 2 Z. 2 SchUG; § 10 Abs. 5 SchVV; § 5 Schulordnung.
Siehe auch: "Erziehungsmittel", "Beendigung des Schulbesuches"
1. Ausschluss eines Schülers von der weiteren Teilnahme am Unterricht
- Gemäß § 5 Schulordnung sind die Schüler vor dem Gebrauch von Maschinen und Geräten, die eine Gefährdung verursachen können, auf die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen aufmerksam zu machen.
- Verletzt ein Schüler die Sicherheitsvorschriften, ist er nachweisbar zu ermahnen und ihm der Ausschluss von der weiteren Teilnahme an diesem Unterricht am betreffenden Tage anzudrohen.
- Bei weiterem Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften ist er von der weiteren Teilnahme an diesem Unterricht am betreffenden Tage auszuschließen.
Der dadurch versäumte Unterricht ist wie ein Unterricht zu behandeln, dem der Schüler unentschuldigt fernbleibt.
2. Ausschluss eines Schülers von Schulveranstaltungen
- Der Schulleiter kann nach Anhörung der Klassenkonferenz einen Schüler von der Teilnahme an einer Schulveranstaltung ausschließen, wenn wenn auf Grund des bisherigen Verhaltens des Schülers eine Gefährdung der Sicherheit des Schülers oder anderer Personen mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
- Schüler, die an einer Schulveranstaltung nicht teilnehmen (außer wenn die Vorschriften über das Fernbleiben von der Schule anzuwenden sind, z.B. bei Krankheit), sind vom Schulleiter nach Möglichkeit einer anderen Klasse zu einem ersatzweisen Schulbesuch zuzuweisen. Die Beurteilung der Erreichung des Lehrzieles der betreffenden Schulstufe hat ohne Rücksicht auf die Nichtteilnahme an der Schulveranstaltung zu erfolgen.
- Stört ein Schüler den geordneten Ablauf einer Schulveranstaltung in schwerwiegender Weise oder wird durch sein Verhalten die eigene oder die körperliche Sicherheit der anderen Teilnehmer gefährdet, so kann der Leiter der Schulveranstaltung den Schüler von der weiteren Teilnahme an der Schulveranstaltung ausschließen (§ 10 Abs. 5 SchVV). Hierbei handelt es sich um eine Sicherungsmaßnahme und keine Strafe für ein Fehlverhalten.
- In diesem Fall sind der Schulleiter und die Erziehungsberechtigten des betreffenden Schülers unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
- Die Erziehungsberechtigten sind vor der Durchführung einer mehrtägigen Schulveranstaltung verpflichtet, eine Erklärung darüber abzugeben, ob sie im Falle des Ausschlusses ihres Kindes mit dessen Heimfahrt ohne Begleitung einverstanden sind oder für eine Beaufsichtigung während der Heimfahrt Sorge tragen werden.
3. Ausschluss eines Schülers von der Schule
a) Gründe für den Ausschluss eines Schülers aus der Schule
- Wenn ein Schüler seine Pflichten (§ 43 SchUG) in schwerwiegender Weise verletzt und die Anwendung von Erziehungsmitteln gemäß § 47 SchUG oder von Maßnahmen gemäß der Hausordnung erfolglos bleibt
- oder wenn das Verhalten eines Schülers eine dauernde Gefährdung von Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt, ist der Schüler von der Schule auszuschließen.
- An allgemein bildenden Pflichtschulen (Volks-, Haupt- und Sonderschulen, NMS sowie Polytechnischen Schulen) ist ein Ausschluss nur zulässig, wenn das Verhalten des Schülers eine dauernde Gefährdung von Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt und die Erfüllung der Schulpflicht gesichert ist.
- Zu den Ausschlussgründen ist u. a. folgende Judikatur beachtenswert:
- Das Gesamtverhalten eines Schülers (Verletzung von Schülerpflichten) während eines Schikurses (Schulveranstaltung) kann einen Ausschluss gemäß § 49 Abs. 1 SchUG rechtfertigen (VwGH-Erkenntnis vom 16. September 1977, ZI. 1979 und 1980/ 77).
- Hat sich ein Schüler zwar mehrerer Verstöße gegen Schülerpflichten (§ 43 SchUG) schuldig gemacht, ist jedoch keiner von diesen schwerwiegend, ist die Ultima-Ratio-Maßnahme des Ausschlusses von der Schule nicht gerechtfertigt. Eine Summierung mehrerer jeweils nicht schwerer Pflichtverletzungen zu einer schwerwiegenden ist durch das Gesetz nicht gedeckt (VwGH-Erkenntnis vom 24. November 1986, SIg. Nr. 12.312 A).
- Ein Verstoß eines Schülers gegen die ihm in § 45Abs. 3 SchUG auferlegte Benachrichtigungspflicht (Benachrichtigung des Klassenvorstandes oder des Schulleiters bei Fernbleiben von der Schule) kann in Extremfällen als schwerwiegende Verletzung von Schülerpflichten qualifiziert werden und solcherart - vorausgesetzt, die Anwendung von Erziehungsmitteln ist erfolglos geblieben - zum Ausschluss des Schülers führen. Das nur fallweise Nichtbeibringen der Rechtfertigung für versäumte Unterrichtsstunden stellt keine schwere Pflichtverletzung dar; eine solche ist erst gegeben, wenn es der Schüler aus Prinzip ablehnt, sich zu rechtfertigen (VwGH-Erkenntnis vom 24. November 1986, SIg. Nr. 12.312 A).
- Ein ungerechtfertigtes Fernbleiben vom Unterricht in einem Ausmaß von knapp 40 Prozent ist als schwerwiegende Verletzung von Schülerpflichten zu qualifizieren, welche die in § 2 SchOG grundgelegte Aufgabe der österreichischen Schule ernstlich zu gefährden geeignet ist (VwGH-Erkenntnis vom 19. Oktober 1987, ZI. 87/10/0135). Ein Ausschluss ist somit gerechtfertigt.
- Eine ohne hinreichende Begründung gestellte Forderung des Schülers, die nachzuholende Schularbeit auf einen anderen als den festgelegten Zeitpunkt zu verlegen, in Verbindung mit der daran anschließenden Weigerung, sich dieser Leistungsfeststellung zu unterziehen, kann als Pflichtverletzung, aber keinesfalls als schwerwiegend im Sinne des § 49 Abs. 1 SchUG gewertet werden (VwGHErkenntnis vom 24. November 1986, SIg. Nr. 12.312 A).
- Rauschgiftkonsum und Rauschgifthandel eines Schülers stellen eine dauernde Gefährdung anderer Schüler hinsichtlich ihrer Sittlichkeit und körperlichen Sicherheit dar und sind somit ein Ausschlussgrund (vgl. Jonak-Kövesi, Das österreichische Schulrecht, öbv-Verlag).
- Der zweite Tatbestand des § 49 Abs. 1 SchUG setzt kein wiederholtes Fehlverhalten voraus. Der zweite Tatbestand trägt der Behörde auf, eine Prognoseentscheidung zu treffen; dabei hat sie die Frage zu lösen, ob in Zukunft ein Verhalten des Schülers zu befürchten ist, das eine Gefährdung der genannten Rechtsgüter in Ansehung anderer Schüler darstellt. Diese Entscheidung ist auf der Grundlage der im vorliegenden Zusammenhang relevanten Aspekte der Persönlichkeitsstruktur des betreffenden Schülers zu treffen; dabei ist besonderes Augenmerk auf solche in der Vergangenheit gelegenen Verhaltensweisen zu legen, die Rückschlüsse auf jene Eigenschaften zulassen, von denen es abhängt, ob vom betreffenden Schüler in Zukunft eine Gefährdung der Sittlichkeit, der körperlichen Sicherheit und des Eigentums anderer Schüler ausgehen kann. In dieser Hinsicht können unter Umständen auch einzelne Vorfälle aussagekräftig sein. Hat der betreffende Schüler ein seiner Art und Intensität nach schwerwiegendes, gegen die im zweiten Tatbestand des § 49 Abs. 1 SchUG genannten Rechtsgüter gerichtetes Fehlverhalten zu vertreten, so ist - auch wenn es sich um den ersten derartigen Verstoß handeln sollte - mit dem Ausschluss vorzugehen, es sei denn, dass - insbesondere in der Persönlichkeitsstruktur des Betreffenden begründete - Umstände vorliegen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sich Derartiges nicht wiederholen werde. Die Schulbehörden haben auf das Wohl aller Schüler zu achten; die Bedachtnahme auf das Wohl der Mitschüler des Betreffenden verbietet es, mit dem Ausschluss desjenigen, dem ein gravierendes, gegen die besonders geschützten Rechtsgüter gerichtetes Fehlverhalten vorzuwerfen ist, zuzuwarten, bis die „Dauerhaftigkeit" der vom Betreffenden ausgehenden Gefährdung durch weitere Vorfälle erwiesen ist (VwGHErkenntnis vom 31. Jänner 1994, ZI. 93/10/0200).
- Das Mitführen einer Waffe in das Schulgebäude ist - ungeachtet der Frage des vom Schüler ausgehenden Gefahrenpotenzials - als grober Verstoß gegen das Einordnungsgebot des § 43 Abs. 1 SchUG aufzufassen und kann als schwerwiegende Pflichtverletzung im Sinne des ersten Tatbestandes des § 49 Abs. 1 SchUG angesehen werden. Der Ausschlussgrund nach dem ersten Tatbestand liegt aber nur dann vor, wenn die Anwendung von Erziehungsmitteln im Sinne des § 47 SchUG erfolglos blieb oder wenn nach den Umständen des Einzelfalles ein seiner Art und Intensität nach schwerwiegendes, gegen die im Gesetz genannten Rechtsgüter (Sittlichkeit, körperliche Sicherheit, Eigentum) gerichtetes Fehlverhalten vorliegt, das Rückschlüsse auf Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale zulässt, die ein künftiges, die geschützten Rechtsgüter gefährdendes Fehlverhalten befürchten lässt (VwGH-Erkenntnis vom 22. März 1999, ZI. 96/10/0242).
b) Maßnahmen der Schulkonferenz beim Ausschluss eines Schülers
- Bei Vorliegen der Voraussetzungen zum Ausschluss eines Schülers hat die Schulkonferenz (bei Schulen, die in Fachabteilungen gegliedert sind, die Abteilungskonferenz) einen Antrag auf Ausschluss des Schülers an die Schulbehörde (Bildungsdirektion) zu stellen.
- Hierbei steht den Erziehungsberechtigten gem. § 61 Abs. 2 Z 2 lit. b SchUG und den Schülern gem. § 58 Abs. 2 Z 2 lit. b SchUG ein Mitentscheidungsrecht zu. Gemäß § 57 Abs. 5 SchUG ist dieses Recht von den Vertretern der Schüler bzw. Erziehungsberechtigten im Schulgemeinschaftsausschuss durch Teilnahme an den Beratungen und Abstimmungen in der Lehrerkonferenz auszuüben.
- Dem Schüler ist - ohne Rücksicht auf sein Alter - vor der Beschlussfassung über die Antragstellung Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben. Überdies ist den Erziehungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
- Die Schulkonferenz hat bei ihrer Beratung die für und gegen den Ausschluss sprechenden Gründe zu berücksichtigen und ihren Antrag zu begründen. Eine Zweitschrift des Antrages ist dem Schüler zuzustellen.
- Die allenfalls unterlaufende Verletzung von Verfahrensvorschriften (Gelegenheit zur Rechtfertigung bzw. zur Stellungnahme, Zustellung einer Zweitschrift des Ausschlussantrages an den Schüler, Parteiengehör) in der unteren Instanz (Schulbehörde 1. Instanz auf Antrag der Schulkonferenz) ist nicht wesentlich und kann nicht zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof führen, wenn der Beschwerdeführer auch noch im Berufungsverfahren Gelegenheit hatte, alles das vorzubringen, was er bzw. seine Erziehungsberechtigten seinerzeit vorgebracht hätten (VwGH-Erkenntnis vom 16. September 1977, ZI. 1979 und 1980/77).
c) Maßnahmen der Schulbehörde (Bildungsdirektion) beim Ausschluss eines Schülers
- Die Schulbehörde hat bei Gefahr im Verzug auszusprechen, dass der Schüler vom weiteren Schulbesuch suspendiert wird. Die Schulbehörden haben gem. § 73 Abs. 3a SchUG über Anträge auf Suspendierung binnen zwei Tagen zu entscheiden.
- Die Suspendierung darf mit höchstens vier Wochen bemessen werden; sie ist unverzüglich aufzuheben, sobald sich im Zuge des Verfahrens ergibt, dass die Voraussetzungen für den Ausschluss nicht oder nicht mehr gegeben sind.
- Der Schüler ist berechtigt, sich während der Suspendierung über den durchgenommenen Lehrstoff regelmäßig zu informieren. Es ist denkbar, dass in diesem Zusammenhang die Übernahme von Aktivitäten durch die Schülervertretung pädagogisch sinnvoll erscheinen kann (Erläuternde Bemerkungen zum SchUG).
- Am Ende eines Unterrichtsjahres ist dem Schüler Gelegenheit zur Ablegung einer Feststellungsprüfung zu geben, soweit eine Beurteilung wegen der Dauer der Suspendierung sonst nicht möglich wäre.
- Die Schulbehörde erster Instanz hat nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens die Beendigung des Ausschlussverfahrens festzustellen, wenn die Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht vorliegen. Sie kann zugleich dem Schüler eine Rüge erteilen oder eine Maßnahme nach § 47 Abs. 2 SchUG (Versetzung in die Parallelklasse, Androhung des Ausschlusses) anordnen, wenn sein Verhalten zwar einen Ausschluss nicht begründet, er aber sonst gegen seine Pflichten verstoßen hat. Andernfalls hat die Schulbehörde erster Instanz den Ausschluss des Schülers mit Bescheid auszusprechen.
- Der Ausschluss kann sich auf die betreffende Schule oder auf alle Schulen in einem näher zu bestimmenden Umkreis erstrecken. Von den verschiedenen Formen des Ausschlusses ist jeweils nur jene Form auszusprechen, mit der der angestrebte Sicherungszweck im Sinne des § 49 Abs. 1 SchUG bereits erreicht werden kann.
- Im Falle eines Ausschlusses ist die Aufnahme in eine Schule, auf die sich der Ausschluss erstreckt, weder als ordentlicher noch als außerordentlicher Schüler zulässig. Die Zulassung zu einer Externistenprüfung wird davon nicht berührt.
- Der Ausschluss kann von jener Schulbehörde, die ihn rechtskräftig ausgesprochen hat, auf Antrag des Schülers eingeschränkt oder aufgehoben werden, wenn und soweit die Gründe für seine Verhängung wegfallen oder der Sicherungszweck auf andere Weise erreicht werden kann.
- Sollte für Schüler allgemeinbildender Pflichtschulen (Volks-, Haupt- und Sonderschulen, NMS sowie Polytechnischen Schulen) ein Ausschluss nicht zielführend sein, so tritt an die Stelle des Ausschlusses die Suspendierung und die Einleitung eines Verfahrens gemäß § 8 SchPfIG (Schulbesuch bei sonderpädagogischem Förderbedarf).
- Sämtliche Bestimmungen betreffend den Ausschluss eines Schülers sind im Übrigen gem. § 50 SchUG auch auf nicht schulpflichtige außerordentliche Schüler sinngemäß anzuwenden.
(Zuletzt aktualisiert: Mai 2022)